Zentralasien bangt um die Überweisungen aus Russland

Überweisungen sind eine sehr wichtige Finanzierungsquelle für die Länder Zentralasiens. Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan gehören zu den größten Empfängern von Überweisungen (privaten Transfers) von Arbeitsmigranten aus Russland und reagieren daher besonders empfindlich auf Veränderungen in der russischen Wirtschaft.

Diese Abhängigkeit wird besonders deutlich, wenn man das Volumen der Rücküberweisungen mit dem Bruttoinlandsprodukt der genannten Länder vergleicht. Nach Angaben der Weltbank entspricht das Volumen der Überweisungen (per Ende 2021) 35% des BIP Tadschikistans und 33% des BIP Kirgisistans. Diese beiden Staaten gehören zu den fünf am stärksten von Migranten abhängigen Ländern der Welt. Die meisten dieser Migranten gehen nach Russland, um dort saisonal zu arbeiten, häufig in der Baubranche. In Usbekistan beträgt der Anteil der Rücküberweisungen immer noch beachtliche 13% des BIP. Gleichzeitig hat Kasachstan mit nur 0,2% den geringsten Anteil. Die Weltbank stellt in ihrer Studie keine Daten für Turkmenistan zur Verfügung. 

Russland ist die Hauptquelle für Überweisungen nach Zentralasien. Überweisungen von dort machen etwa zwei Drittel der gesamten Rücküberweisungen in Kirgisistan und Tadschikistan aus. In Usbekistan und Kasachstan ist diese Zahl etwas niedriger – 56% beziehungsweise 44%. Im Jahr 2022 hat die Weltbank zweimal die Wachstumsprognosen für Rücküberweisungen bewertet. Die ersten Ergebnisse erwarteten einen Anstieg der Überweisungen aus Russland in allen vier Ländern. Vor allem in Kasachstan – um 7%.

Die russische Invasion in der Ukraine zwang die Organisation jedoch zu einer Neubewertung, nach der die Bank für 2022 einen starken Rückgang des Überweisungsvolumens erwartet. Kirgisistan erhielt beispielsweise im letzten Jahr 82% der Überweisungen aus Russland. Dort diese Zuflüsse im laufenden Jahr laut Prognose um 32% zurückgehen. Die ursprüngliche Prognose lautete auf einen Anstieg um 3%. In Tadschikistan könnte der Rückgang 22% betragen statt des zuvor erwarteten Zuwachses um 2%.

Usbekistan schickt Millionen von Arbeitsmigranten nach Russland, aber seine Wirtschaft ist weniger abhängig von ihren Überweisungen, für die die Weltbank einen Rückgang um 21% vorhersagt. In Kasachstan werden die Überweisungen aus Russland nach Prognosen der Weltbank um 19% zurückgehen. Die Auswirkungen werden jedoch nicht so spürbar sein, da der Anteil am BIP unbedeutend ist.

Vergleicht man den Krieg in der Ukraine mit früheren externen Schocks, so gingen die Überweisungen in die zentralasiatischen Länder im Jahr 2015 nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 und den daraus resultierenden Sanktionen um mehr als 25% zurück. Die Corona-Pandemie ist ein weiteres Beispiel für die Gefahren der Interdependenz: Grenzschließungen und weit verbreitete Abriegelungen führten zu einem Rückgang der Überweisungen um 6% im Jahr 2020, so die Weltbank.Kurzfristige Prognosen für Überweisungen in die Länder der Region sind höchst unsicher und hängen vom Ausmaß des Krieges in der Ukraine und der Wirksamkeit der Sanktionen gegen Zahlungsausgänge aus Russland ab. Die langfristigen Folgen könnten jedoch sehr ernst sein, da das derzeitige Sanktionspaket beispiellos ist. Laut Ranking.kz unterscheidet sich die aktuelle Situation deutlich von früheren Krisen, was in der Einschätzung der Weltbank nicht berücksichtigt wird. Das tatsächliche Bild der Geldüberweisungen – zumindest über internationale Geldtransfersysteme – zeigt bisher keinen Rückgang, sondern einen enormen Anstieg der Daten.

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