MOSKAU (rus)–Im Gefolge der Sanktionen verzeichnete der russische Bankensektor zum ersten Mal seit sieben Jahren Verluste. Am Ende des ersten Halbjahres 2022 beliefen sie sich auf 1,5 Bill Rubel, berichtet das Portal RBC unter Berufung auf den Ersten Stellvertretende Vorsitzende der Zentralbank, Dmitri Tulin.
Dies ist die erste Offenlegung von Informationen über die Auswirkungen der Krise auf die Finanzergebnisse der Banken. Seit Februar hat die Bank von Russland die Offenlegung der Finanzergebnisse des Sektors eingestellt und den Kreditinstituten die Veröffentlichung regelmäßiger Berichte untersagt. Seit detaillierte Statistiken veröffentlicht wurden (2012), gab es noch keine negativen Halbjahresergebnisse.
Verluste vor allem im Währungsgeschäft
Zwei Drittel des Gesamtverlustes (etwa 1 Bill Rubel) wurden durch Bankgeschäfte verursacht, die auf die eine oder andere Weise mit Fremdwährungen zu tun hatten, so Tulin. Ihm zufolge handelt es sich um Verluste aus Geschäften mit derivativen Finanzinstrumenten, die einige Akteure ausgleichen mussten. „Wir sprechen in erster Linie über Swaps und Termingeschäfte. Als diese beendet wurden, legten unsere Banken je nach dem aktuellen Wechselkurs das Ergebnis fest, meist Verluste. „Die Volatilität des Wechselkurses war enorm, erst fiel der Rubel, dann schoss er zurück – der Kurs lag bei 110, dann bei 55. So kam es, dass bei einem niedrigen Rubelkurs die Verluste bei den Derivaten fixiert wurden“, erklärte er.
Der zweite Faktor, der das Finanzergebnis belastete, war die negative Neubewertung der offenen Währungspositionen und wurden offenbar mehrfach auf dem falschen Fuß erwischt, so dass sie zuerst verloren, als der Rubel schwächer wurde, und dann wieder verloren, als er sich erholte“, erklärte Tulin. Die Banken hätten bisher keine weiteren „signifikanten Verluste“ erlitten, fügte er hinzu. Im Februar gestattete die Zentralbank den Kreditinstituten, auf die Risikovorsorge für Kredite an Kreditnehmer, die von den neuen Sanktionen betroffen sind, sowie für umstrukturierte Kredite zu verzichten. Zum Ende des ersten Halbjahres waren etwa drei Viertel der 329 operativen Banken rentabel, während ein Viertel (81) rote Zahlen schrieb.
Betroffen seien vor allem große Banken, kleine Kreditinstitute weniger, so Tulin. Kleine und mittlere Banken sind kaum von Sanktionen betroffen und sind zudem weniger in den internationalen Geschäften eingebunden. Zwar hat nur eine Minderheit der systemrelevanten Banken (40%) Verluste gemacht. Diese waren aber so groß, dass die positiven Ergebnisse der Mehrheit überkompensiert wurden: „Die kumulierten Verluste beliefen sich brutto auf 1,9 Bill Rubel, der Gewinne der profitablen Banken auf 400 Mrd Rubel“, sagte Tulin. Er betonte, dass die „absolute Mehrheit“ der von den Banken verzeichneten Verluste nicht zu einem Verstoß gegen die vorgeschriebenen Kapitaladäquanzquoten geführt habe.
Reserven sind offenbar noch ausreichend
Wir können sagen, dass wir es bisher „mit wenig Blut“ geschafft haben“, so Tulin. Die Banken verfügen über eine Kapitalreserve von etwa 7 Bill Rubel. Dies sei der Betrag, den Kreditinstitute verlieren könnten, ohne die wichtigsten Eigenkapitalquoten zu verletzen. „Etwas vereinfacht kann man sagen, dass durch die Verluste der Banken ein kleinerer Teil dieser Sicherheitsmarge aufgebraucht wurde. Dies sind nicht die teuersten Kosten für die Bewältigung der Folgen des massiven Schlags, der unserem Bankensystem durch die Sanktionen zugefügt wurde“, so Tulin. Er gab keine Prognose für das Finanzergebnis des Sektors am Ende des Jahres ab, verwies aber darauf, dass die Banken bis Jahresende noch einige Probleme mit eingefrorenen Auslandsguthaben und -geschäften lösen könnten, den Umfang offener Währungspositionen reduzieren und damit den Umfang der Verluste verringern. Tulin zufolge bleibt die Frage der Qualität der Kreditportfolios der Banken unsicher, aber die Verluste auf sie wird in der Zeit gestreckt werden.
rus/07.09.2022 – Russische Notenbank legt Verluste der Banken offen