Im bilateralen Handel mit Russland brachen im ersten Halbjahr 2022 durch die Einführung weitreichender Sanktionen die deutschen Exporte nach Russland ab März massiv ein. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 sanken die deutschen Exporte um 34,5% auf nur noch 8,3 Mrd Euro. Ein ähnlich niedriges Niveau war zuletzt 2004 registriert worden.
Gleichzeitig schnellten durch die weltweite Rohstoffpreishausse die Beschaffungskosten für Rohstoffe und Energie aus Russland in die Höhe. Im ersten Halbjahr mussten dadurch für Importe aus Russland insgesamt 22,6 Mrd Euro aufgewendet werden – ein Plus von 51% – obwohl die Einfuhren aus Russland im selben Zeitraum mengenmäßig um fast ein Viertel zurückgingen. Durch diese gegenläufigen Entwicklungen ergibt sich im Handel mit Russland ein historisch hohes Bilanzdefizit von 14 Mrd Euro für das erste Halbjahr 2022. Zum gleichen Zeitpunkt 2021 hatte das Defizit nur bei 2 Mrd Euro gelegen.
Im zweiten Halbjahr dürften die deutschen Exporte nach Russland weiter sinken, da Verpflichtungen aus Altverträgen inzwischen abgearbeitet sind, die Sanktionen immer weitere Handelsbereiche betreffen und viele Unternehmen ihr Russland-Geschäft heruntergefahren haben. Allerdings ist in den kommenden Monaten auch mit signifikant sinkenden Rohstoffimporten aus Russland zu rechnen: Seit dem 10. August gilt ein Einfuhrverbot für russische Kohle, bis zum Jahresende soll auch der Import von russischem Erdöl auslaufen. Zudem hat Russland seit Juni trotz langfristig bestehender Lieferverpflichtungen den Gastransit über die Pipeline Nord Stream 1 stark reduziert und seit Ende August ganz eingestellt. Aufgrund der Gaslecks an der Pipeline wird auf absehbare Zeit kein Gas geleitet werden können.
Der Handel mit China dagegen hat stark zugelegt. Das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern von Januar bis August betrug insgesamt 117 Mrd Dollar, 31% mehr als im Vorjahreszeitraum. Die wichtigsten China-Exporte nach Russland sind Maschinen aller Art, einschließlich der Elektronik, Fahrzeuge, Chemikalien und Kunststoffe. Die russischen Exporte nach China betreffen hauptsächlich Öl und Gas. Zum langfristigen Vertrag über Gaslieferungen durch die Pipeline Sila Sibiri sind inzwischen Zusatzverträge geschlossen worden. Weiterhin ist die Pipeline Sojus Wostok geplant, die das russische Pipelinenetz durch die Mongolei mit dem chinesischen Netz verbinden soll. Ebenso hat der Export von Kohle nach China stark zugelegt.